Workflow oder auch Workflow Management ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Begriff moderner Unternehmens-IT geworden. Allgemein bezeichnet man damit die Systematisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen mit Hilfe der IT. Die einzelnen IT-Systeme eines Unternehmens verarbeiten die in den jeweiligen Arbeitsabläufen (Geschäftsprozessen) entstehenden Daten (Nutzdaten) nach einem zuvor definierten Schema, dem sogenannten Workflow-Modell, und bietet dem Anwender die Möglichkeit auf diese Informationen jederzeit zuzugreifen. Solche Systeme werden als Workflow Management Systeme (WfMS) bezeichnet.
Workflow Management Software ist damit eine Softwarelösung, die die unterschiedlichen Aspekte innerhalb des Geschäftsprozess Managements zusammenfassen. Sie dienen der Steuerung, Synchronisierung und Kontrolle unterschiedlicher Arbeitsabläufe im Unternehmen. Damit werden die Mitarbeiter eines Unternehmens dabei unterstützt, Aufgaben in der vorgesehenen Reihenfolge so zu bearbeiten, dass diese einem übergeordneten Geschäftsprozess genügen. Der Mitarbeiter erhält stets die für die Bearbeitung einer Aufgabe relevanten Informationen.
WfMS vereinfachen dadurch die Arbeitsschritte der Akteure innerhalb eines Geschäftsprozesses und garantieren einen kontrollierten Ablauf. Hauptmerkmal eines WfMS ist dabei stets die Bereitstellung aller benötigter Informationen zur Bearbeitung anstehender Aufgaben und die Kontrolle der übergeordneten Geschäftsprozesse – sowohl aus Sicht des einzelnen Akteurs als auch aus Sicht des Managements.
Ein Workflowsystem unterscheidet verschiedene Akteure, die mit dem Workflowsystem interagieren:
Das Ablaufdiagramm eines Workflows (Workflowmodell) gleicht einem Fluss-Schema, wie es aus den Produktionsprozessen bekannt ist.
Ein Workflowmodell beschreibt dabei genau einen fest definierten Geschäftsablauf. Die konkrete Instanz eines Workflowmodells wird dann als Workflowinstanz bezeichnet. Sie enthält dabei sowohl allgemeine Daten zur Bearbeitung eines Geschäftsprozesses (Nutzdaten) als auch die für die Workflowsteuerung erforderlichen Prozessdaten (Workflowdaten).
Ein WfMS verwaltet stets alle Workflowinstanzen zu einem Workflowmodell.
Als Ad-Hoc Workflow bezeichnet man spontane Arbeitsabläufe, die nicht an einen fest definierten Prozess innerhalb eines Unternehmens gebunden sind. Der genaue Ablauf wird dabei von den beteiligten Personen festgelegt und erlaubt daher viele Freiheitsgrade in der Art seiner Ausführung. Ad-Hoc Workflows werden häufig dazu verwendet, konkrete Arbeitsschritte in übergeordneten größeren Geschäftsprozessen abzuarbeiten.
Ad-Hoc Workflows
Im täglichen Arbeitsleben verwenden wir häufig Ad-Hoc Workflowmodelle, die uns helfen spontan Arbeitsprozesse mit verschiedenen Teilnehmern zu koordinieren und zu steuern. Die Unterstützung von Kollegen oder Geschäftspartner kann dabei sowohl aus Informationen als auch aus konkreten Handlungen bestehen. Ziel solcher spontaner Arbeitsabläufe ist es, einen gemeinsamen Prozess in Hinblick auf die beteiligten Personen, den konkreten Ablauf, sowie ein von allen Teilnehmern definiertes Ziel zu erreichen.
In der modernen IT Landschaft verwenden wir verschiedene Softwaresysteme, um solche Ad-Hoc Arbeitsabläufe zu organisieren. Zu den einfachsten und am meisten eingesetzten Lösungen zählen hier Email und Instant Messaging Systeme, welche sich hervorragend für die Koordination von spontanen Abläufen eigenen.
Ad-Hoc Workflow per Email
Der Vorteil des Emails beim Einsatz von Ad-Hoc Workflows ist zunächst die weite Verbreitung dieser Technologie. Praktisch ist es im heutigen Arbeitsleben selbstverständlich über Email Informationen mit Geschäftspartnern auszutauschen. Die Informationen können dabei fast beliebig lang und in unterschiedlicher Form vorliegen. Es können verschiedene Dateien wie zum Beispiel Textdateien, Tabellenkalkulationen oder Präsentationen verteilt werden, aber auch prozessspezifische Informationen wie beispielsweise eine technische Zeichnung. Der Teilnehmer- oder Empfängerkreis kann spontan vor Versand der Information festgelegt werden.
Ein weiterer Vorteil des Emails ist die Tatsache, dass wichtige Informationen lange Zeit gespeichert werden können. So kann bei Ad-Hoc Workflows davon ausgegangen werden, dass die am Prozess beteiligten Personen Informationen, die zu einem früheren Zeitpunkt besprochen wurden, archiviert haben und darauf zugreifen können. Somit ist es möglich in einer Email auf Informationen Bezug zu nehmen, welche zu einem früheren Zeitpunkt versandt wurden.
Nachteile
Die Nachteile der Kommunikation über Email sind die starke Asynchronität. So ist es beispielsweise nicht gewährleistet, wann und ob ein Teilnehmerkreis die Informationen, die per Email versandt wurden,überhaupt erhalten hat oder zur Kenntnis genommen hat. Zwar kann in einer Email eine Forderung nach Beantwortung zu einem bestimmten Termin gestellt werden, jedoch ist nicht gesichert, dass alle Teilnehmer diese Information rechtzeitig erhalten und somit angemessen Zeit haben, darauf zu reagieren.
Auch die Archivierung von Informationen, die zu einem früheren Zeitpunkt versendet wurden, ist nicht selbstverständlich. So kann nicht immer garantiert werden, dass alle Prozessbeteiligten eine bestimmte zu einem früheren Zeitpunkt versendete Information noch besitzen. Dies führt in der Regel dazu, dass Informationen per Email häufig redundant (also mehrfach) versendet werden.
Ad-Hoc Workflow per Instant Messaging
Instant Messaging Lösungen (kurz IM Lösungen genannt) bieten heute eine weit verbreitete Möglichkeit, spontan eine synchrone Kommunikation durchzuführen. Im Gegensatz zu Email ist bei IM Lösungen im Vorfeld bekannt, dass der Teilnehmerkreis innerhalb einer IM Kommunikation auch aktiv ist. Einzelne Informationen werden also vom Teilnehmerkreis zeitgleich und direkt entgegengenommen. Damit ist IM wesentlich schneller als Email und beschleunigt Ad Hoc Workflows dramatisch. Ein weiterer Vorteil von IM ist die Möglichkeit, spontan mit mehreren Personen gleichzeitig zu kommunizieren. Alle Informationen stehen damit allen Teilnehmern zum selben Zeitpunkt zur Verfügung. Gerade Entscheidungsprozesse können damit wesentlich verkürzt und vereinfacht werden. Es ist fast wie bei einem persönlichen Zusammentreffen der Teilnehmer. Auch Informationen in unterschiedlichen Dateiformaten können zum Zeitpunkt des Meetings verteilt werden.
Nachteile
Der Nachteil der IM Lösungen ist zunächst die Tatsache, dass alle Kommunikationspartner meist die selbe IM Software verwenden müssen, da es im Gegensatz zu Email hier keine standardisierte Schnittstelle gibt. Innerhalb eines Unternehmens ist dieser Nachteil aber eher gering, da es sehr einfach ist, alle Teilnehmer mit der selben IM Software auszustatten. Ein Ad-Hoc Workflow über Unternehmensgrenzen hin weg ist jedoch meist nur schwer zu realisieren.
Ein weitere Nachteil ist das fehlende/umständliche Archivierungskonzept von IM Lösungen. Informationen werden in der Regeln nicht gespeichert und sind nach Beendigung der Konversation verloren oder vom Benutzer ohne gute IT Kenntnisse nicht herauszufinden. Dies ist für einen Ad-Hoc Workflow, der über einen längeren Zeitraum läuft, sehr problematisch, da der gleiche Informationsstand aller Prozessbeteiligten nicht gewährleistet werden kann. Auch Informationen, die in Form von Dateien versendet werden können,werden von der IM Lösung meist nicht oder nur unzureichend archiviert, meist muss jeder Prozessteilnehmer diese Informationen selbst archivieren/ablegen. Es kann also in einem IM Prozess nicht einheitlich auf Informationen zu einem früheren Zeitpunkt Bezug genommen werden, wenn nicht sichergestellt ist, dass alle Prozessbeteiligten diese Informationen vorliegen haben.
Ad-Hoc Workflow Management Systeme
Ad-Hoc Workflow Management Systeme (Ad-Hoc WMFS) lösen die oben genannten Konflikte auf und verbinden die Vorteile von Email und IM Lösungen. Hierzu werden die Workflows in einer zentralen Prozessplattform zusammengefasst und bieten dem Anwender die Möglichkeit alle Aufgaben von einem Ort aus zu managen. Durch flexible Workflowmodelle lassen sich so auch Ad-Hoc Workflows zentral verwalten. Der Vorteil hier ist die Möglichkeit solche Workflows als Subprozesse zu zentralen Geschäftsabläufen in einem Unternehmen zu nutzen.
Workflow-Typen & Anwendungsarten
Generell können in einem Workflow System unterschiedliche Typen von Workflows betrachtet bzw. ausgeführt werden. Diese unterscheiden sich je nach Umfang und Häufigkeit in Ihrer Anwendung. So gibt es beispielsweise Abläufe, die sehr häufig und stets im selben Verfahren angewendet werden (Beispiel: Banküberweisung). Auf der anderen Seite werden in einem Unternehmen auch Workflows durchgeführt,die je nach Situation eine sehr stark unterschiedliche Ablauflogik aufweisen (Beispiel: Projektmanagement). Es muss also bei der Betrachtung eines Workflowsystems auch der Einsatzzweck, also die Art des Workflows, berücksichtigt werden, um eine optimale Abbildung der Abläufe zu erreichen. Es lassen sich folgende Typen von Workflows unterscheiden:
Transaktions-Workflow (production workflow):
- Vollständig strukturierbar, repetitiv
- keine Freiheitsgrade in der Ausführung
- im Voraus definierbar
Fallbezogener, flexibler Workflow:
- Nicht vollständig strukturierbar
- teilweise repetitiv, einige Freiheitsgrade
- teilweise im Voraus definierbar
Ad hoc Workflow:
- Nicht strukturierbar, kaum repetitiv
- hohe Freiheitsgrade
- nicht im Voraus definierbar
Workflow Management Lösungen können unterschiedliche Schwerpunkte in ihrem Funktionsumfang setzen, um diese Arten von Workflow zu bearbeiten. Sie sind somit auf bestimmte Workflow Typen spezialisiert.
Anwendungsarten
Workflow Lösungen können technisch sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen und damit auch unterschiedliche Anwendergruppen ansprechen. Die verschiedenen Systeme und Lösungen sind häufig auf individuelle Anforderungen einer bestimmten Anwendergruppe ausgerichtet und optimiert. Bei der Betrachtung der Zielgruppen für eine Workflow Lösung lassen sich folgende Anwendergruppen unterscheiden.
- Der Softwareentwickler
Workflowlösungen die Softwareentwickler ansprechen stellen meist Funktionen bereit, die eine einfachere Erstellung von Programmcode zum Ziel haben. Dabei werden BPM Ansätze dazu genutzt, um Geschäftslogik besser in Programmcode überführen zu können. Diese Lösungen stellen häufig auch Werkzeuge zur Modellierung bereit, mit welchem ein MDA (Model Driven Architecture) Ansatz bei der Softwareentwicklung unterstützt wird. Abläufe und Regeln müssen nicht codiert werden, sondern können graphisch modelliert und so in den Programmcode integriert werden. Diese Lösungen setzen ein fundiertes Wissen im Bereich der Softwareentwicklung und Programmierung voraus.
Das Imixs Open Source Projekt stellt eine solche Lösungsplattform bereit, welche kostenlos genutzt werden kann. Die zur Verfügung gestellten verschiedenen Softwarekomponenten des Projektes vereinfachen die Entwicklung von Workflow Lösungen erheblich. - Der Architekt / Systemintegrator
Workflowlösungen für die Zielgruppe der Architekten und Systemintegratoren sind für eine Integration unterschiedlicher Softwarekomponenten optimiert. Diese Lösungen unterstützen den Systemarchitekten bei der Komposition unterschiedlicher technischer Systeme zu einem übergeordneten Geschäftsprozess. Dieser Prozess kann dann innerhalb einer Laufzeitumgebung ausgeführt und verwaltet werden. Im Umfeld einer Service orientierten Architektur (SOA) gewinnen diese Lösungen zunehmend an Bedeutung. Diese Art von WfMS Lösungen setzen ein umfangreiches Wissen über die im Unternehmen eingesetzte IT Infrastruktur sowie die verwendeten technischen Schnittstellen voraus. Workflow Komponenten stellen hierbei häufig Web Services bereit die eine einfache Integration erlauben. Das Imixs Workflow Projekt stellt mit den Imixs Web Services eine solche Service orientierte Architektur bereit. - Der Anwender
Reine Workflow Management Lösungen stellen den Anwender in den Mittelpunkt der Lösung. Sie bieten Funktionen an, die den Anwender bei der Ausführung von Geschäftsprozessen aktiv unterstützen. Diese Lösungen stellen meist eine benutzerfreundliche Web Anwendung bereit, mit der der Anwender Geschäftsprozesse starten und verwalten kann. Über zusätzliche Tools werden solche Lösungen meist um Funktionen für die Erstellung von Geschäftsprozessen durch einen Softwareentwickler oder Systemarchitekten erweitert. Vom Anwender werden dabei keine technischen Kenntnisse vorausgesetzt. Die Tools für die Modellierung sprechen häufig den Fachbereich mit technischem Hintergrund an. Eine typische Lösung für diese Art von Anwendungen stellt die Online Plattform Imixs-Office-Workflow dar.
Generell gilt also bei der Auswahl einer WfMS Lösung den Anwenderkreis zu identifizieren, der das System primär einsetzen bzw. benutzen soll. Je nach Ausrichtung der Lösung können so unterschiedliche Funktionen stärker oder schwächer ausgeprägt sein.
Business Rule Management Systeme
Neben Workflowmodellen stellen Geschäftsregeln einen weiteren Bereich bei der IT gestützten Abbildung von Geschäftsprozessen dar. Geschäftsregeln beschreiben die Geschäftslogik eines Unternehmens. Aus Sicht eines Mitarbeiters oder Kunden handelt es sich bei Geschäftsregeln um Richtlinien, die Geschäftsprozesse beeinflussen. Beispielsweise Handlungsanweisungen, oder Rabattregelungen. Aus der IT-Sicht handelt es sich bei Geschäftsregeln – Business Rules – um sogenannte “Wenn, dann – Beziehungen” die in den verschiedenen Informationssystemen repräsentiert und umgesetzt sind.
Je nach Art und Umfang können Geschäftsregeln sehr komplexe Strukturen annehmen. Sind Geschäftsregeln “hart kodiert” in den einzelnen IT-Systemen implementiert, kann der Wartungsaufwand für Software rasch ansteigen. Werden neue oder geänderte Geschäftsregeln in die Unternehmenssoftware kodiert, kann dies oft sehr zeit- und kostenintensiv sein. Auch liegt ein gewisses Risiko bei Änderungen vor, da die Komplexität eines Regelgeflechts sowie seine Abhängigkeiten oft nur schwer zu entwirren ist. In der Unternehmens-IT werden diese Probleme bei der Erstellung und Wartung von Regelwerken oft mit zusätzlich entwickelten Programmen gelöst. Diese lösen zwar das aktuelle Problem, können aber die Wartung des Gesamtsystems noch weiter erschweren und die ohnehin schon komplexen Systeme in schwer wartbare Beziehungen bringen.
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen hat sich das sogenannte Business Rules Management als eine bewährte Lösung entwickelt. Während eine Geschäftsregel eine präzise Aussage, die einen bestimmten Aspekt des Unternehmens beschreibt, bedingt und kontrolliert, versteht man unter Business Rules Management die Kombination von Methoden und Prozessen, die ein Unternehmen einsetzt, um Geschäftsregeln während ihrer “Lebensdauer” zu kontrollieren. Ein BRMS ermöglicht es so, Geschäftsregeln unternehmensweit zu managen, und zwar über einen strukturierten Weg. Dabei werden Business Rules Mangement Systeme unabhängig von den übrigen Anwendungen an einem zentralen Ort verwaltet. Dies hat den Vorteil, dass die Regeln nur noch an einer Stelle gepflegt werden müssen.
WFMS und BRMS
Workflow Management Systeme können ideal mit einem BRMS System verbunden werden. Beide Systeme erfüllen jedoch unterschiedliche Aufgaben.
Workflow Management Systeme eignen sich gut zur Verbesserung der betrieblichen Effizienz durch Abbildung der Geschäftsprozesse in einem entsprechenden Workflow System. Handelt es sich bei diesen Prozessen um anwenderzentrierte Prozesse, ist das dahinter stehende Regelwerk meist klar durch Handlungsanweisungen bestimmt. Beispielsweise das Vier-Augen-Prinzip bei einer Budgetfreigabe. Diese Handlungsanweisungen lassen sich in einem Workflowmodell abbilden.
Handelt es sich hingegen um automatisierte Prozesse wie zum Beispiel ein Mahnwesen oder einen Eskalationsworkflow muss die Entscheidungslogik durch einen Hintergrundprozess abgebildet werden. Hier kommt es auf die Kombination von BRMS und WFMS an. Durch den Einsatz eines BRMS können die Unternehmensregeln durch den Fachanwender definiert und gepflegt werden. Die Prozesssteuerung des WFMS kann dabei dynamisch durch das BRMS ergänzt aber nicht ersetzt werden.
Workflow Management Systeme sollten über eine offene Architektur verfügen, um eine Verbindung mit BRMS zu ermöglichen.